Herausforderung für Kooperation von Menschen und Künstlicher Intelligenz (KI) zur Durchführung einer gemeinsamen militärischen Operation – RK BAYERN vom 25.10.2023

Regionalkreis Bayern der Clausewitz-Gesellschaft zu Gast beim Forschungszentrum „Military Aviation Research Center (MARC)“ der Universität der Bundeswehr München

Ein interessierter Teilnehmerkreis auf Einladung der Clausewitz-Gesellschaft e.V.- Regionalkreis Bayern, mit rund 35 geladenen Mitgliedern, Interessenten und Gästen fand sich am 25.10.2023 zu einem spannenden zweieinhalbstündigen Einblick in den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik im Bereich der Forschungsflugsimulatoren im Laborbereich auf dem Campus der Universität der Bundeswehr ein.

Erstmal ran an die Forschungsflugsimulatoren!

Nach einer kurzen Begrüßungsrunde ging es für die Teilnehmer gleich ins Praktische. Platz nehmen im und neben dem Simulator. Das engagierte Forschungsteam von Prof. Dr. Axel Schulte, Professur für Flugmechanik und Flugführung und Institutsleiter, demonstrierte den Teilgruppen anhand von drei verschiedenen Forschungsflugsimulatoren typische Missionsaufträge und das Zusammenwirken von automatisierten Systemen und soldatischen Handeln. Die Forschungsflugsimulatoren stellten die Bereiche Kampfflugzeuge, Transport- und Kampfhubschrauber dar. Dabei wurden die Teilnehmer in Sinn und Zweck des jeweiligen Systemaufbaus unterrichtet und Fragen dazu zeitnah beantwortet.  Die Promotionskandidaten erforschen anhand von konkreten Use Cases und Szenarien die Weiterentwicklung der Mensch- System Interaktion.

Technologietransfer mit hohem Praxisbezug

Das Wissenschaftlerteam um Prof. Schulte entwickelt hierfür Konzeptansätze und Funktionsprototypen und erprobt diese in Mensch-Maschine Experimenten in den Flugsimulatoren des Forschungslabors. Damit wird der Technologietransfer vorbereitet und somit die Zeitspanne bis zur Marktreife der Technologiearchitektur wesentlich verkürzt. Besonders deutlich wird dies durch den engen Kontakt zu den Bedarfsträgern aus Luftwaffe und Heer wirksam, da die wesentlichen Missionen von Protagonisten aus den jeweiligen Teilstreitkräften, als Jetpiloten und Kampfhubschrauberkommandanten, an bestehenden Forschungssimulatoren erprobt und gebündelt werden. In kurzen Lessons-Learned- Zirkeln werden die praxisorientierten Missionen evaluiert, aggregiert und im Hinblick auf die Zielerreichung des Auftrags der Mission optimiert.

Direkt am Simulator werden die Fragen der Teilnehmer von den Doktoranden des Forschungsteams aus dem Stehgreif und voller Engagement beantwortet

Direkt am Simulator werden die Fragen der Teilnehmer von den Doktoranden des Forschungsteams aus dem Stehgreif und voller Engagement beantwortet

Kommando „Manned-unmanned Teaming“

Manned-unmanned Teaming (MUM-T) beschreibt die Interoperabilität von bemannten und unbemannten mobilen Kräften (Luft, Land, See, Weltraum) zur Durchführung einer gemeinsamen Mission. Dazu werden die bemannten und unbemannten Plattformen im selben räumlichen, zeitlichen und missionsbezogenen Kontext eingesetzt. Die unbemannten Plattformen sowie ihre Nutzlasten werden dabei von Bord der bemannten Plattformen kommandiert. MUM-T erfordert die Bewältigung hoher Arbeitsanforderungen für die Besatzungen, die sich aus den Missionsmanagementaufgaben ergeben.

Das in das „Military Aviation Research Center (MARC)“, einem Forschungszentrum der Universität der Bundeswehr München eingebettete „Humans, Military Missions, and Cognitive Systems Laboratory (HuMiCS Lab)“ unter der Leitung von Prof. Dr. Axel Schulte, befasst sich intensiv mit der Erforschung von Missionstechnologien für MUM-T Missionen in den Bereichen Kampfflugzeuge, Transport- und Kampfhubschrauber. Dabei liegt der besondere Fokus auf dem Zusammenwirken von menschlichen Nutzern (Piloten) und auf der Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) aufgebauten hochautomatisierten Missionsfunktionen.

Künstliche Intelligenz von heute wird morgen bereits marktreife Automation sein

Im abschließenden Vortrag erläuterte Prof. Schulte das modellierte, typologisierte Vorgehensmodell seines wissenschaftsbasierten Ansatzes. „Das, was wir heute unter Künstlicher Intelligenz verorten, wird morgen bereits erprobte Automation sein“. Damit kommt deutlich zum Ausdruck, dass es sich um einen dynamischen Prozess der Technologieevaluation handelt. Im Grundsatz kann die KI im engeren Anwendungsbereich der Kampfflugzeuge, Transport- und Kampfhubschrauber bei der Erfüllung der möglichen Missionen mindestens zwei unterschiedliche Aufgaben erfüllen:

  • Den Piloten bei der Übernahme von an die KI delegierbaren Tasks entlasten, z.B. die Bekämpfung eines durch den Piloten ausgelösten Lenkflugkörpers bis zur Vernichtung des Auftragsziels. Somit kann sich der Piloten im laufenden Gefecht auf seine Kernaufgaben konzentrieren
  • Den Piloten in Rahmen der technischen Möglichkeiten in seinem Handeln zu monitoren und Entscheidungshilfen zu liefern, z.B. auf “übersehene” feindliche Stellungen mit wachsender Dringlichkeit hinzuweisen, zeitnah Gefechtsfeldaufklärung zu betreiben oder ereignisnahe Raum-/ Zeit-Berechnungen bereitstellen
Prof. Dr. Axel Schulte, Professur für Flugmechanik und Flugführung (links), und Brigadegenaral d.D. Gerhard Schulz, Leiter Regionalkreis Bayern der Clausewitz-Gesellschaft e.V., in den Laborbereichen der Universität der Bundeswehr München

Prof. Dr. Axel Schulte, Professur für Flugmechanik und Flugführung (links), und Brigadegenaral d.D. Gerhard Schulz, Leiter Regionalkreis Bayern der Clausewitz-Gesellschaft e.V., in den Laborbereichen der Universität der Bundeswehr München

Der Vortrag erläuterte den kognitionsergonomischen Lösungsansatz zum Mensch-KI Teaming in MUM-T Missionen. Eines wurde dabei mehr als deutlich: Künstliche Intelligenz wird bei den extrem hohen Zuverlässigkeitsanforderungen beim Flugbetrieb sich nur langsam an die erforderlichen Standards annähern und deshalb stets nur in Kombination mit menschlichen Fähigkeiten einen belastbaren Einsatzwert leisten. Ferner wurde den Teilnehmern ein Überblick über die Forschungsarbeiten und Resultate in den Domänen Hubschrauber- und Kampfflugzeugmissionen gegeben.

Darüber hinaus wurde den Teilnehmern die breitgefächerten universitären Aktivitäten eines Instituts der Universität der Bundeswehr München, bestehend aus Forschung, Lehre, Ausbildung, Verbindung zu den Bedarfsträgern der Bundeswehr und anwenderorientierten Bedarfsbündelung, Simulatoren Engineering und Betrieb sowie Technologietransfer verdeutlicht. Dabei kam insbesondere auch der hervorragende Teamspirit der Forscherteams zum Ausdruck.

Die gelungene Mischung aus anfassbare Praxis an den Forschungssimulatoren und theoretische Basisinformationen zu hochaktuellen, technologiegetriebenen Trends mit militärrelevanten Schwerpunkten passte somit hervorragend zum Markenkern der Clausewitz-Gesellschaft, ihren Mitgliedern Expertenwissen aus erster Hand darreichen zu können.

Autor: Oberst d.R. Thorsten Ziegler, Leiter Regionalkreis Bayern der Clausewitz-Gesellschaft e.V.