Der Operationsplan Deutschland – RK WEST vom 15.04.2024

GenLt Bodemann und GenLt a.D. Otto
GenLt Bodemann und GenLt a.D. Otto

„Der Operationsplan Deutschland – Die Bedeutung der Territorialen Verteidigung und des Heimatschutzes“

 Am 15. April 2024 informierten sich 80 Mitglieder und Gäste des Regionalkreises WEST über die Folgerungen, die aus den geänderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen für den Einsatz der Bundeswehr in Deutschland zu ziehen sind.

GenLt Bodemann und GenLt a.D. Otto

GenLt Bodemann und GenLt a.D. Otto

Der Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos und Nationale Territoriale Befehlshaber Generalleutnant Andre Bodemann trug zum aktuellen Sachstand der Planungen vor.

Der Referent hat seit einem Jahr die Führungsverantwortung für das Territoriale Führungskommando und trägt diese bei Einsätzen in Deutschland in der Rolle als Nationaler Befehlshaber. Auf der Grundlage des Auftrages und der bestehenden Rahmenbedingungen erarbeitete das Kommando einen ersten Operationsplan, den Generalleutnant Bodemann vorstellte. Auf dieser Grundlage findet sowohl durch geänderte Bedrohungen als auch durch Abstimmungen mit einer Vielzahl von beteiligten Stellen die Weiterentwicklung des Plans so statt, dass er im Oktober dieses Jahres einem zweiten Stresstest unterzogen werden soll.

Am Rande erwähnt sei, dass die Ministerentscheidung, das Territoriale Führungskommando und das Einsatzführungskommando innerhalb eines Jahres zu einem Operativen Führungskommando zu fusionieren, zeitgleich zu den Operationsplanungen einen erheblichen zusätzlichen Arbeitsaufwand erfordert.

Der Operationsplan Deutschland basiert auf zwei Säulen. Im Rahmen der Gesamtverteidigung, für die das Bundesministerium des Inneren zuständig ist, muss der militärische Beitrag definiert werden. Die zweite Säule bilden die regionalen Einsatzpläne der NATO, die von der Bundeswehr als wesentliche Leistung erwarten, in der Drehscheibe Deutschland die Durchführung der Aufmärsche Richtung Osten sicherzustellen.

Letztere Aufgabe ist klassisch militärisch zu erfüllen. Auf der Grundlage strategischer Vorgaben und einer fortlaufend zu aktualisierenden Bedrohungsanalyse können operative Pläne erstellt werden. Obwohl Deutschland kein „Frontstaat“ ist, finden aktuell bereits im Frieden Angriffe in den Bereichen Zersetzung durch fake news, Cyberangriffe, Ausspähung, Spionage und Sabotage statt. Mit Ausnahme von Sabotageakten gibt es eine Vielzahl von aktuellen Beispielen durchgeführter Bedrohungen. Diese könnten in Krise und Krieg unter anderem zu bürgerkriegsähnlichen Demonstrationen, Angriffe auf kritische Infrastruktur, Einsätze gegnerischer Spezialkräfte bis hin zu bewusst herbeigeführten Naturkatastrophen führen.

Die Umsetzung der Drehscheibenfunktion erfordert einen hohen Abstimmungsbedarf. An der Fortschreibung des Operationsplans Deutschland sind mehr als 50 Stellen zu beteiligen. Beginnend mit den Forderungen der aufmarschierenden Verbündeten reicht das Spektrum über die Bundesländer, eine Vielzahl militärischer und ziviler Dienste und Dienststellen bis zu den „Blaulichtorganisationen“ wie Polizei, Rotes Kreuz usw. Wesentliche Handlungsfelder sind die Verkehrsregelung, Schutz und Sicherung, Sanitätsversorgung, Bereitstellung von Infrastruktur, Verpflegung und Logistik. Generalleutnant Bodemann bewertete den Willen zur Zusammenarbeit und Ergebnisorientiertheit positiv.

Als schwierig benannte der Referent den Bereich der Gesamtverteidigung. Das verantwortliche Bundesinnenministerium hatte dazu im Jahre 1989 Rahmenrichtlinien und 2016 ein Konzept Zivile Verteidigung erlassen. Eine umfassende operative Umsetzung ist noch nicht erfolgt. Um den militärischen Beitrag in diesem Rahmen und die dafür erforderliche zivile Unterstützung zu ermitteln, wurden 7 Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Beteiligten gebildet. Die Themen zeigen die Komplexität der Aufgabenstellung auf: Ziviler Unterstützungsbedarf, Lebens- und Verteidigungswichtige Strukturen, Führungsfähigkeit und Gesamtstaatliches Lagebild, Personal und Gesundheitsversorgung, Verkehrsinfrastruktur und -leitung, Grenzübergangsbestimmungen und Strategische Kommunikation.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass General Bodemann die Aktualität der Bedrohung, die Handlungsnotwendigkeit sowie die Komplexität der Aufgabe, die Aspekte in einem Operationsplan zusammenzuführen, überzeugend dargestellt hat. Da zurzeit erhebliche Defizite im verfügbaren Personal und Material bestehen und zusätzliche Investitionen für die Umsetzung des Plans erforderlich sein werden, stellte sich die Frage der Finanzierung, die der Referent als außerhalb seiner Verantwortung nicht beantwortete. Am Rande erwähnt wurde ein juristisches Problem. Zur Handlungsfähigkeit benötigen die Streitkräfte eine frühzeitige Ausrufung des Spannungsfalls. Die politische Beurteilung einer möglichen eskalierenden Wirkung dieser Maßnahme könnte dieser Forderung entgegenstehen.

Ein anregender und informativer Abend endete mit einer lebhaften Diskussion.

Wolfgang Otto
Generalleutnant a.D. und Leitender der Veranstaltung

Bild: Quelle Stabshauptmann a.D. Thielert, Clausewitz-Gesellschaft e.V. – Regionalkreis WEST