Glaubwürdige, robuste Verteidigungsfähigkeit braucht eine der Bedrohung angemessene Luftverteidigung – RegKreis West am 30.06.2025

Am 30. Juni 2025 fand im Moltke-Saal des Bundesministeriums der Verteidigung in Bonn eine Kooperationsveranstaltung des Regionalkreises WEST der Clausewitz-Gesellschaft e.V. mit dem Bonner Forum der Deutschen Atlantischen Gesellschaft e.V., der Sektion Köln-Bonn der Gesellschaft für Wehrtechnik e.V. und der Bonner Sektion der Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V. statt. Vor mehr als 100 Gästen referierte Generalleutnant Lutz Kohlhaus, der Stellvertreter des Inspekteurs der Luftwaffe, zum Thema:

Luftverteidigung in der Bündnis- und Landesverteidigung

Nato-Generalsekretär Mark Rutte forderte Anfang Juni anlässlich seiner Rede in London einen „Quantensprung“ bei der Luft- und Raketenabwehr der NATO. Er verlangte den „400-prozentigen Ausbau der Luftverteidigungskapazitäten“, um auf Bedrohungen wie den russischen Luftkrieg in der Ukraine angemessen reagieren zu können.

Vor dem Hintergrund dieser und anderer politischer Forderungen zur raschen Stärkung der Luftverteidigung zeichnete Generalleutnant Kohlhaus ein detailliertes Lagebild, in dem er ausgehend von den Erfahrungen des Ukraine-Krieges und des jüngsten israelisch-iranischen Schlagabtausches die derzeitige Leistungsfähigkeit der deutschen Luftverteidigungskräfte zur Bündnis- und Landesverteidigung einer kritischen Analyse unterzog. Seinen Ausblick auf die erwartbaren Leistungssteigerungen durch den absehbaren Zulauf weiterer neuer Waffensysteme verband er mit der Forderung nach strukturellen Veränderungen, welche zwingend einen deutlichen Personalaufwuchs bedingen.

Neben der erheblichen nummerischen Zunahme der weltweiten Luftangriffsmittel, stellt deren rasante technologische Weiterentwicklung ein gleichfalls gravierendes Problem dar. Hier findet eine fortwährende Steigerung der Autonomie sowie eine vermehrte Miniaturisierung und Modularisierung in allen Waffenkategorien statt. Zudem kommen verbesserte Sensortechnologien sowie eine schwarmartige Vernetzung der Luftangriffsmittel zur Anwendung. Mit anderen Worten: Unsere altvertraute Luftverteidigungsarchitektur, wie man sie aus den Zeiten des kalten Krieges kennt, wird heute keinen Bestand mehr haben.

Fliegende Wegwerfprodukte hoher Wirksamkeit kreieren mittlerweile ein nicht zu unterschätzendes Abwehrproblem. Teure Abwehrmittel, wie Luftabwehrraketen, sind oftmals immer noch das einzige Mittel der Wahl, um kritische Infrastruktur oder Truppenkontingente verlässlich zu schützen. Dabei stoßen die örtlich stets begrenzt verfügbaren Flugabwehrsysteme bei Schwarmangriffen, wie sie im Ukraine-Krieg mittlerweile von russischer Seite zu beobachten sind, schnell an ihre Sättigungsgrenzen. Folglich ist die unbedingt wünschenswerte eigene Luftüberlegenheit mehr denn je gefährdet.

Sehr eindringlich hat Generalleutnant Kohlhaus deshalb darauf hingewiesen, dass im Funktionsbereich Luftverteidigung sowohl bei fliegenden als auch bodengebunden Abwehrmitteln erheblicher Handlungsbedarf besteht, weil der Schutz der Bevölkerung, die Sicherung kritischer ziviler wie militärischer Infrastruktur sowie die Operationsfreiheit eigener Streitkräfte nicht mehr ausreichend gesichert erscheinen. Im unlängst erstellten Operationsplan Deutschland gibt es dazu eine Reihe von Handlungslinien, die sich nun in konkreten Aufwuchsmaßnahmen bei den Luftverteidigungskräften und deren integrierter Führungsstruktur niederschlagen müssen.

Dem Vortrag von Generalleutnant Kohlhaus folgten eine lebhafte Diskussion sowie angeregte bilaterale Gespräche, die den Veranstaltungsteilnehmern nachdrücklich verdeutlichten, dass die auch bei unseren Luftverteidigungskräften eingesammelte Friedensdividende mit Blick auf die bestehende Bedrohungsentwicklung nunmehr zwingend größere Kraftanstrengungen bei Waffensystemen, Führungsorganisation, Munition und insbesondere Personal in nächster Zeit erforderlich machen.

Hans-Joachim Schubert
Generalleutnant a.D. und Leitender der Vortragsveranstaltung

Bilder: Stabshauptmann a.D. Volker Thielert, Regionalkreis WEST der Clausewitz-Gesellschaft e.V. (Foto 1), Oberst a.D. Richard Rohde, Sektion Bonn der Gesellschaft für     Sicherheitspolitik e.V. (Foto 2).

 

Clausewitz-Gesellschaft e.V.
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