Rezension: “Schützen, Retten, Kämpfen – Dienen für Deutschland von Alois Bach, Walter Sauer (Hrsg.)”

Schützen - Retten - Kämpfen

Alois Bach, Walter Sauer (Hrsg.)

Schützen, Retten, Kämpfen – Dienen für Deutschland

 

Das Thema dieses Buches ist „Innere Führung”. Dieser Frage geht das vorliegende Buch nach, nicht anhand von Vorschriftstexten, sondern anhand der persönlichen Lebens- und Führungsphilosophien einzelner Soldaten und ihren praktischen Erfahrungen in Auslandseinsätzen und Extremsituationen.

„Innere Führung” ist nicht die Mehrheitsabstimmung in einer Infanteriekompanie, welche Anhöhe sie nun besetzen soll. Sie bedeutet auch nicht, dass sich eine Schiffsbesatzung der Marine ihren Kommandanten selbst aus ihrer Mitte erwählt. Wer „Innere Führung” als Verbindung von Streitkräften mit Demokratie so missversteht, der verwechselt in der Demokratie selbst den Unterschied zwischen äußerer Form und tragenden Werten. Nicht die Mehrheitsentscheidung ist das Wesen der Demokratie – nicht alles kann mehrheitlich entschieden werden und nicht alles, was Mehrheiten beschließen ist im Wesen demokratisch – sondern die Überzeugung, dass alle Menschen über eine unveräußerliche Menschenwürde verfügen, ist Kern und Quell aller äußerer Form der Demokratie. So verstanden ist „Innere Führung”, wie es Generalinspekteur Volker Wieker in seinem Buchbeitrag auf den Punkt bringt, die “Bindung soldatischen Handelns an den Wertekanon des Grundgesetzes.”

“Innere Führung” ist (auch) die konsequente Fortsetzung der traditionellen “Auftragstaktik” deutscher Streitkräfte. Ein Soldat, der immer auch politisch handelt, dessen Handlungen – heute vielleicht sogar noch mehr als in der Vergangenheit, Stichwort “Strategic Corporal” – weitreichende politische, strategische Konsequenzen über den reinen Missionserfolg hinaus haben können, muss nicht nur das übergeordnete militärische Ziel kennen, dass er nach bestem Wissen und Gewissen vor Ort umsetzt, sondern er muss die politischen Rahmenbedingungen verstehen, verinnerlichen und aktiv in seine Handlungen einbeziehen. Kein Soldat kann das besser, als der Staatsbürger in Uniform, der selbst Teil der Gesellschaft ist, deren Werte er nicht nur verteidigt, sondern täglich im Dienst und im privaten Engagement lebt.

Insbesondere in dem hohen praktischen Erkenntnisgehalt dieses Buches liegt sein besonderer Wert. Damit steht es in der Tradition des Wirkens des Freundeskreises Zentrum Innere Führung, durch praktische Beispiele den zeitgemäßen Wert der “Inneren Führung” zu belegen. Auch hier spielen Emotionen, die menschliche Seite des Soldat-seins eine große Rolle. Besonders bewegend wird es allerdings, wenn man sich die Beiträge über Verwundung und Tod, sowie die Sicht der Soldaten-Familien und -Ehefrauen ansieht. Sabine Kwasny und Janine Rücker geben die emotionalen Belastungen für die Daheimgebliebenen so authentisch wieder, dass sie mich als Familienvater mit drei Auslandseinsätzen sehr berührt haben.

Das hier vorliegende Buch kommt also nach meiner Einschätzung nicht nur zur rechten Zeit, sondern es ist sehr lesbar – und das nicht nur für Soldaten. Es leistet einen sehr wertvollen Beitrag zur immer wieder notwendigen persönlichen Reflexion über das Konzept „Innere Führung” und die Grundwerte unserer Demokratie. Für einen Staatsbürger ohne Uniform kann dies das Verständnis für uns Soldaten und den Facettenreichtum unserer Einsatzrealität und -Belastungen entwickeln helfen, für diejenigen in und mit Uniform, hilft es den eigenen moralischen Kompass zu justieren, die ethischen Prinzipien zu entwickeln und zu stärken, die in Krisensituationen präsent sein müssen. Ich kann dieses Buch daher einem breiten Publikum nur wärmstens empfehlen.

Rezension: Moritz Brake, Kapitänleutnant und Jugendoffizier

Das Buch „Schützen – Retten – Kämpfen“ ist im Miles-Verlag erschienen und kostet 24,80 Euro.

ISBN 978-3-945861-36-3