1,5 Millionen Flüchtlinge bei 5 Millionen Einwohnern – wie geht das? Ein Augenzeugenbericht aus dem Libanon – RK NORD am 17.05.2017

Eine Studienreise der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) führte Oberst a.D. Jan Kleffel im Oktober 2016 in den Libanon. Über diese Reise trug er am 17.05.2017 vor dem Regionalkreis Nord der Clausewitz-Gesellschaft e.V. in Hamburg vor.

Kleffel besuchte auf dieser Reise syrische und palästinensische Flüchtlingslager und informierte sich dort über die Arbeit der Vereinten Nationen. Auch Besuche der Deutschen Botschaft, Gespräche mit Parteien einschließlich der Hizbollah sowie des libanesischen Parlaments standen auf dem Programm. Kleffel hatte auch Gelegenheit zu einem Gespräch mit einem deutschen Stabsoffizier, der für die der UNIFIL-Mission tätig ist.

Der Libanon sei immer noch dabei, sich von den Folgen des Bürgerkrieges 1975 – 1990 zu erholen, dessen Spuren noch vielerorts sichtbar seien, besonders in der Hauptstadt Beirut..

Kleffel berichtete von dem im arabischen Raum einmaligen politischen System. Die 128 Parlamentssitze würden zu je 50% von Christen und Muslims besetzt, ebenso würden die vier höchsten Staatsämter paritätisch besetzt.

Nach dem 1. Nahostkrieg 1948 kamen Zehntausende palästinensische Flüchtlinge in den Libanon. Heute lebten – in 3.Generation – 420.000 Palästinenser in zwölf selbstverwalteten Lagern. Diese Flüchtlinge besitzen keine Bürgerrechte und seien vollständig auf Unterstützung durch die VN angewiesen.

In den letzten fünf Jahren seien mehr als eine Million syrische Flüchtlinge in den Libanon gekommen, die vornehmlich im Bekaa-Tal untergebracht seien. In dem kleinen Land mit fünf Millionen Einwohnern lebten derzeit also 1,5 Millionen Flüchtlinge. Auch die Flüchtlinge aus Syrien seien ausschließlich auf die Hilfe der VN-angewiesen. Deutschland leiste einen wesentlichen Beitrag dazu.

Es gebe aber auch erfolgreiche Bemühungen um Integration, die durch die gleiche Sprache erleichtert würde. Flüchtlinge könnten Schulen besuchen, Krankenhäuser nutzen und in örtlichen Supermärkten einkaufen, wo sie mit elektronischen aufladbaren Geldkarten des „World Food Programme“ der VN bezahlen könnten.

Das Verhältnis der einheimischen Bevölkerung zu den Flüchtlingen aus Syrien sei viel positiver als das zu Palästinensern, da von den Syrern auch die heimische Wirtschaft profitiere.

Die Hilfe aus Deutschland würde von den Libanesen allenthalben gewürdigt. Auffallend sei dass der Dank an Deutschland sogar auf Plakaten zu lesen sei.

Die Reisegruppe musste aber auch unangenehme Erfahrungen machen, wie Kleffel auch berichtete. So sei die Gruppe zwei Stunden von Sicherheitskräften der Hizbollah festgesetzt und überprüft worden. Der Vorwurf: Verstoß gegen das örtliche Fotografierverbot, auf das aber nirgendwo hingewiesen worden war.

Im Anschluss an den Vortrag von Jan Kleffel berichtete Leutnant zur See Micha Bose von der Universität der Bundeswehr in Hamburg über sein Auslandssemester in Jordanien.

In der anschließenden Diskussion wurde auch die aktuelle Situation der Bundeswehr in Sachen Tradition thematisiert. Der Leiter des Regionalkreises, Ullrich Tiedt, stellte eine Sonderveranstaltung zu diesem Thema in Aussicht.

Ein Termin wird kurzfristig anberaumt.

Lt Bose,Oberst a.D. Kleffel, Oberst d.R.Tiedt